Am 7. Oktober 2019 feierte der Dokumentarfilm Reading Circus. Dramaturgy on the Border between Art and Academia[1] in einem Münsteraner Programmkino Premiere. Aufgezeichnet wurde ein Lehrforschungsprojekt der Zirkus | Wissenschaft, das das Ziel verfolgte, am Beispiel des zeitgenössischen Zirkus das Potential kultursemiotischer Analysemethoden für die künstlerische Praxis zu erörtern. Vier Artisten der niederländischen Tall Tales Company bekamen Gelegenheit, an der Weiterentwicklung ihrer aktuellen Produktion Square One zu arbeiten. Die Studierenden des Masterstudiengangs Kulturpoetik der Literatur und Medien standen ihnen dabei als Dramaturg*innen zur Seite. Anliegen war es, aus einem Modell für die semiotische Analyse von zeitgenössischen Zirkusdarbietungen[2] eine Feedback-Methode zu entwickeln, die zukünftig in künstlerischen Kreationsprozessen angewandt werden kann.
Mit seiner Zielsetzung leistet das Projekt nicht nur einen Beitrag zur zeitgenössischen Zirkuspraxis, sondern positioniert sich auch an hochaktuellen universitätspolitischen wie wissenschaftlichen Schwellenbereichen. Die kultur- und hochschulpolitische Relevanz des Projektes wurde während der einwöchigen Künstlerresidenz mit Vertreter*innen der Universität und der deutschen Zirkusszene bereits intensiv diskutiert. In den kommenden zwei Jahren soll darüber hinaus die Positionierung des Projektes an den Grenzen zwischen etablierter Theorie und Innovation sowie an der Schnittstelle von Kulturwissenschaft und Kulturpraxis Anlass für einen intensiven fachlichen Dialog innerhalb der semiotischen Forschung bieten. Inwiefern verändern Erkenntnisse, die die semiotische Analyse von ‚neuen’ Objekten liefert, den Blick auf klassische Konzepte und Methoden? Welchen Beitrag kann und soll Semiotik in der Praxis leisten? Warum ist Semiotik heute relevant?
Um diese Fragen zu erörtern, tourt der Dokumentarfilm international sowohl zu Veranstaltungen im Bereich von Wissenschaft und Lehre als auch zu Events in der Kulturszene (z.B. Freiburger Kulturbörse 2020). Die Filmvorführung dient dabei als Ausgangspunkt für Impulsvorträge, Podiumsdiskussionen und World-Cafés von und mit Künstler*innen, Kulturschaffenden, Wissenschaftler*innen und Studierenden.
Die aus diesem Format entstehenden Diskussionen und Erkenntnisse werden im Sommer 2021 in dem Sonderband Semiotics Matters! Grenz- und Anwendungsbereiche der aktuellen Semiotik in den Schriften zur Kultur- und Mediensemiotik des Virtuellen Zentrums für kultursemiotische Forschung publiziert – der Call for Papers erfolgt gesondert.
Bei Interesse an der Durchführung einer Veranstaltung dieses Formats an Ihrer Universität oder Kultureinrichtung wenden Sie sich bitte an Dr. Franziska Trapp unter f.trapp@uni-muenster.de.
[1] Einen Trailer finden Sie unter dem Link: https://vimeo.com/355264862?ref
[2] Franziska Trapp: Lektüren des zeitgenössischen Zirkus. Ein Modell zur text-kontext-orientierten Aufführungsanalyse. Berlin, De Gruyter 2020.